Willkommen in der Ära der postfaktischen Befindlichkeit

•2016.Oktober 24 • 1 Kommentar
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Screenshot der Gruppenregeln

Wie so viele Menschen bin ich Mitglied in verschiedenen FB-Gruppen. Unter anderem auch in einer, die sich dem Stadtteil widmet in dem ich lebe. Als vor etwas über einem Jahr die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft auf einem Parkplatz anstand führte dies auch in eben jener FB-Gruppe zu intensiven Diskussionen, woraufhin Admin* noch mal ausdrücklich auf die nebenstehenden Gruppenregeln verwies und den Diskussionsthread zum Thema löschte.

Nun kam es in der letzten Woche zur Urteilsverkündung im Fall einer Gruppenvergewaltigung. Viele Menschen hielten das Strafmaß in Anbetracht der Tat für entschieden zu milde und es wurde unter anderem eine Onlinepetition eingerichtet, die fordert mit dem Fall in Revision zu gehen. Dabei darf davon ausgegangen werden, dass Petitionsersteller und Zeichner_innen die Hoffnung daran knüpfen, dass eine härtere Strafe das Ergebnis ist. (Spannend wäre, welche Folge ein milderes Urteil wohl hätte.) So heißt es auf der Seite der Petition:

„Aber wenn sich eine Rechtsprechung entwickelt, die nichts mehr zu tun hat mit den moralischen Empfindungen der Bürger, dann verliert die Justiz ihren Anspruch Urteile „Im Namen des Volkes“ zu sprechen.“ (Quelle)

Ich meine, dass in diesem Absatz eine gesamtgesellschaftliche Tendenz relativ deutlich zusammengefasst ist. Die Rechtsstaatlichkeit verliert (nach deren Überzeugung) ihre Legitimation, wenn sie nicht dem subjektiven Gefühlen einer bestimmten Gruppe untergeordnet werden kann. Irgendwo zwischen der Forderung von Nazis von „Todesstrafe für Kinderschänder“ und der Empörung nach der Silvesternacht von Köln wäre meiner Meinung nach auch diese Petition einzuordnen. Letztendlich also ein wütender Mob mit Mistgabeln und Fackeln in seiner digitalen Ausprägung. Wobei zu begrüßen ist, dass das Risiko der Lynchjustiz hier deutlich geringer sein dürfte.

Unabhängig davon, wie man persönlich zu Tat, Urteil und der Petition steht darf glaube ich festgestellt werden, dass es sich um ein kontrovers zu diskutierendes Thema handelt. Damit wären wir auch wieder beim Auftakt. Admin besagter FB-Gruppe postete eben jene Petition mit dem Hinweis, dass der Inhalt nicht diskutiert werden wolle, man Feedback geben möge, wenn man gezeichnet habe und ergänzte das Ganze noch um ein paar Emoticons, wozu auch ein Smiley gehörte. Als ich darauf hinwies, dass dies doch gegen die Gruppenregeln verstieße und ich Smileys für das Thema unangemessen halte war ich schwups aus der Gruppe entfernt worden. Offensichtlich war es mit der Kritikfähigkeit von Admin nicht weit her. So irritierend (Ich hatte mich an die Regeln gehalten – warum fliege ich raus?) und ärgerlich ich diesen Verlauf fand, so überrascht war ich, als Admin mich dann persönlich auf FB kontaktierte. Der Chat ist im Folgenden in Gänze wiedergegeben. Gleichermaßen beeindruckend wie beängstigend finde ich dabei, dass sofort im Sinne eines „Wenn du nicht für mich bist, bist du gegen mich“ Denkens jedes noch so sachlich vorgetragene Argument ignoriert wird, während die eigene Gefühlslage von Admin ausreicht mir das Gegenteil von dem zu unterstellen, was ich mehrfach zu Protokoll gegeben habe.


Samstag 22.10.2016 10:52 Admin: Hey, finde ich sehr daneben, dass du mit sowas kommst! Findest du das Urteil gut? Mann Mann Mann Geht menschlich gesehen echt gar nicht!

Samstag 22.10.2016 17:44 EvoluSiN: Ich finde Nazis gehen auch mal gar nicht. Trotzdem wurde ich darauf hingewiesen, dass diese Gruppe für politische Diskussionen nicht vorgesehen ist. Ich habe dich lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass du dich nicht an deine eigenen Gruppenregeln hältst (und ich Smileys in diesem Zusammenhang unpassend finde). Zu diesem Urteil im speziellen und Rechtstaat im allgemeinen habe ich an anderer Stelle schon eine ausführliche Diskussion geführt und wollte sie in der Gruppe mitnichten wiederholen. Ob ich das Urteil für angemessen halte oder nicht ist auch eher unerheblich, aber wenn du entgegen der Gruppenregeln einen zur Kontroverse geeigneten Beitrag postest, spricht es nicht unbedingt für deine argumentative Basis, wenn du entgegengesetzte Meinungen als unerwünscht labelst. Und dafür ist dein Post wieder ein Paradebeispiel, dass Rechtstaatlichkeit nämlich generell gelten sollte und nicht in Abhängigkeit von individuellen Befindlichkeiten, geschweige denn vom Volksvotum. Solche Befindlichkeiten können sich nämlich schneller ändern als Gesetze und mit etwas Pech sieht man sich am Ende als Leittragend_r der eigenen Forderungen.

22.10.2016 17:47 EvoluSiN: Dein Umgang mit Kritik ist übrigens noch „entwicklungsfähig“, wenn sowas für dich bereits ausreicht um mich aus der Gruppe zu schmeißen.

Sonntag 23.10.2016 17:17 Admin: Ich frage mich ernsthaft wofür du kämpfst… findest du das Urteil gut? Solche Menschen möchte ich nicht um mich haben

23.10.2016 17:18 EvoluSin: Ich habe nie behauptet, dass ich das Urteil gut finde. Hier mal meine Ausführungen zum Thema, die ich an anderer Stelle gemacht habe:

23.10.2016 17:22 EvoluSiN: “ Vorneweg; ich halte die Tat von allen Beteiligten für Grundfalsch! @ Julia: 4 Jahre Gefängnis sind nicht gerade eine Aufforderung zur Nachahmung und die Bewährungsstrafen werden um therapeutische Maßnahmen erweitert. Dies dürfte auch das oben geforderte „Mitgefühl“ behandeln. Da Resozialisierung ein Grundgedanke unseres Rechtssystems, besonders im Jugendstrafrecht, ist, mag man mehr oder weniger fordern, sollte meiner Meinung nach aber nicht den Grundsatz in Frage stellen. Das Angehörige der Täter_innen jubeln ist nachvollziehbar, da sie ihre Kinder nicht im Knast besuchen müssen. Egal wie scheiße dein Kind ist – es ist immer noch dein Kind. @ Alexander Hammans : derartig mittelalterliche Rechtsauffassung bewegt sich ungefähr auf dem moralischen Entwicklungsgrad der Tat und qualifiziert dich nicht gerade als Vorbild für gesellschafts- und rechtskonforme Lebensweisen.“

23.10.2016 17:22 EvoluSiN: „Ich stimme dir dahingehend zu, dass bei dem Haupttäter anzunehmen ist, dass er nach der Haft immer noch kein Heiliger ist. Ich könnte mir allerdings vorstellen/hoffe, dass er zumindest auf Vergewaltigungen verzichtet. Mein Punkt war auch eher, dass man auch bei individuellem Missfallen eines spezifischen Urteils sich davor hüten sollte das zugrunde liegende System/Konzept in Frage zu stellen.“

23.10.2016 17:23 EvoluSiN: „Wir werden unterschiedlich beurteilt. Im Fokus steht die individuelle Tat. Hinzu kommen Faktoren wie Motivation und ggf. Reue (

23.10.2016 17:23 EvoluSiN: „zum Thema in Frage stellen: Ich meine, dass ich davon ausgehe, dass nach vier Jahren Knast der Typ nicht mehr vergewaltigen wird, weil er in seiner „individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung“ zu dem Schluss kommen könnte, dass er nicht noch mal und für deutlich länger ins Gefängnis möchte. Dennoch halte ich es für realistisch, dass kleinere/andere Vergehen und Ordnungswidrigkeiten aufgrund ökonomischer und soziologischer Rahmenbedingungen wieder vorkommen werden. Das bedeutet nicht, dass ich das für ideal halte. Aber ich halte es für besser als eine „emotionsgeleitete Willkürrechtssprechung“, die stark von der Perspektive des Rechtsprechenden abhängt.“

23.10.2016 17:24 EvoluSiN: „Betr. Handtasche: Das häufig Vergehen gegen materielle Werte härter geahndet werden als gegen Menschen ist durchaus ein genereller Punkt, der mir auch immer wieder aufstößt.“

„Da stimme ich dir in vielerlei Hinsicht zu. Allerdings bedeuten dummerweise solche Reformen nicht immer einen Wandel hin zum „Besseren“, sondern sind oft von Partikularinteressen der Reformenden beeinflusst. Beispiel? https://netzpolitik.org/…/fuenf-drastische-folgen-des…/

Ich habe mich hier auf meine Beiträge beschränkt. Insgesamt war es mit der betreffenden Person allerdings eine argumentbasierte Diskussion; gekennzeichnet von gegenseitigem Respekt.Eben solche Diskussionen hast du ausdrücklich in den Gruppenregeln als unerwünscht gekennzeichnet.

23.10.2016 17:31 EvoluSiN: Da du (meiner Meinung nach) mit dem verlinken der Petition gegen die von dir erstellten Regeln verstoßen hast, habe ich dich darauf aufmerksam gemacht. Smileys halte ich für das Thema Vergewaltigung für unangemessen, weil es eben nichts „witziges“ bei einer Vergewaltigung gibt. Auch darauf habe ich dich hingewiesen. Damit habe ich im Prinzip zwei Aspekte bestärkt, die dir wichtig zu sein scheinen.

23.10.2016 17:34 EvoluSiN: Warum du meinst mich deshalb aus der Gruppe auschließen zu müssen ist mir schleierhaft. Letztendlich ist es deine Gruppe und du kannst tun und lassen was du möchtest.

Heute 00:22 Admin: Ich würde dich gerne direkt sehen. Ich kann dieses Urteil nicht akzeptieren, es ist grausam!!! Ich sehe kein Foto von dir

Heute 08:35 EvoluSiN: Du siehst kein Foto von mir, weil ich (unabhägig von der Person) nicht möchte, dass man Fotos von mir sieht. Verstehe gerade auch nicht, welchen Unterschied es für dich macht, ob ich ein 20 Jahre alter man oder eine 50 Jahre alte Frau bin, ob ich schwarze oder braune Haare habe oder ob ich Brille trage oder nicht. Was ich dir verraten kann ist, dass ich in Stadtteil** geboren, aufgewachsen und mein Leben lang geblieben bin.

Heute 14:57 Admin: Es ist auch egal, ich kann und möchte solche Menschen nicht verstehen. Es sei denn, man ist Sadist und findet im Grunde solche Dinge gut… sonst stellt man sowas über die „Sache“ Zack

15:08 EvoluSiN: Du hast schon den Teil mitbekommen, wo ich meine Ablehnung gegenüber der Tat zum Ausdruck gebracht habe, oder? Was ich viel faszinierender finde ist, dass es den Eindruck macht, als wäre mein Hinweis auf deinen Verstoss gegen die Gruppenregeln automatisch gleichzusetzen mit einer Befürwortung des Urteils was wiederum gleichzusetzen wäre mit einer Befürwortung der Tat. In kurz und platt: Wer nicht sofort die Petition zeichnet ist für Vergewaltigung.

15:15 Admin: Wer sich über das posten so einer Petition aufregt ja😂 muss jeder selber wissen… versuche nur möglichst mich von solchen Menschen fern zu halten! Genau und es ist was anderes, was ich in meiner Gruppe mache. Stumpfsinnigen Mist ständig zu kontrollieren, darauf hat kein Admin Lust oder zeit, daher gibt es diese Regeln. Ich setze mich für das Gute ein. Jede Revolution wird und wurde durch das Volk ausgelöst, indem sie die aufgestellten Regeln hinterfragen und durchbrechen!

15:17 EvoluSiN: Das waren deine eigenen Regeln, die du da gebrochen hast. In dem Fall wäre „autokratisch“ eine passendere Zuschreibung als „revolutionär“.

15:18 Admin: So keine Zeit mehr für sowas! Gibt wichtigeres! Kümmere dich um dein Leben und erfreue Dich über weitere Vergewaltigungen 😒

15:19 EvoluSiN: Ich kümmere mich um viele Leben. 😉 Viel Spaß in deiner kleinen Autokratie. Und willkommen in der Ära des postfakltischen.

15:42 EvoluSiN:Sorry, muss natürlich „des postfaktischen“ heißen.

15:46 EvoluSiN: Mir „Freude über weitere Vergewaltigungen“ zu unterstellen dürfte übrigens den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Aber da ich mich, im Gegensatz zu dir, durchaus mit (möglichen) Motiven von Menschen beschäftige, will ich da mal nicht so sein. Die gesamte Diskussion dokumentiert immerhin ziemlich anschaulich, dass deine emotionale Anteilnahme dich unempfänglich für Inhalte oder Argumente macht, die sich nicht deiner persönlichen Sicht unterordnen.


Ich halte es für dringend geboten diesem aktuellen Trend des postfaktischen entgegen zu treten (den ich bisher immer mit dem Euphemismus „bildungsresistent“ belegt hatte), denn wir hatten bereits eine Zeit in der „subjektive Einschätzungen“ und üble Nachrede alles andere als rechtsstaatliche Folgen für die Beschuldigten hatten. Dahin zurück wollen nur ewig gestrige und Geschichtsleugner_innen.

*Um die Persönlichkeitsrechte der betreffenden Person zu wahren wurde die (Netz)Identität durch den Begriff „Admin“ anonymisiert.

** same same

Tiere in Afrika

•2013.Juli 17 • Kommentar verfassen

Dies ist ein Crosspost aus einem Praktikumsblog von mir.

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Leider war Fr. T. die letzte Woche meines Praktikums krank. Dies war insofern besonders unglücklich, da sie die Sachkundelehrerin ist. Bevor das Thema „Tiere in Afrika“ nun aber abgeblasen wurde haben Fr. S. und ich die Köpfe zusammengesteckt und kompensiert so gut wir konnten. Am Donnerstag trommelten und sangen wir mit den Kindern das Afrika-Lied der Vorwoche um anschließend sangen wir mit den Kindern Hakuna Matata aus dem Film König der Löwen.

Für den Folgetag war Stationsarbeit geplant und Stationsarbeit haben wir gemacht. IMAG0554Als Übersicht über die Stationen und welches Kind welche bereits absolviert hat, habe ich diesen Plan erstellt, der das Smiley-Stempeln der Arbeitspläne beinhaltet.

Als Gruppen-/Sozialstation habe ich eine Memory-Spiel erstellt, welches die Anforderung an die Schüler_innen enthielt, Paarungen zu finden, obwohl die Bilder meistens nur gleiche Arten, aber nicht identische Bilder enthielten.Memory_Tiere in Afrika

Als Bastelstation habe ich dieses Arbeitsblatt entworfenBastelstation_Tiere in Afrika

Hier ein Screencapture der interaktiven und binnendifferenzierten SMART-Board Station die ich gemacht habe.

„Ich sehe was, was Du nicht siehst!“ – Beobachtung

•2013.Juli 4 • Kommentar verfassen

Dies ist ein Crosspost aus meinem ISP-Blog, welcher aus Datenschutzgründen nicht in Gänze öffentlich sein kann.

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„Indem wir andere sehen, können wir auch uns selbst einmal mit den Augen anderer sehen, damit das, was wir sein möchten, besser mit dem übereinstimmt, was wir tun.“

(M. Dehn „Zeit für die Schrift: Lesen und Schreiben lernen Bd. 1“ (2010); Cornelsen; Berlin; S. 23)

Da ich mich als Subjektwissenschaftler im Sinne der Kritischen Psychologie verstehe, kann es für mich nur eine Form der Beobachtung geben; die der Teilnehmenden Beobachtung, da sie „auf sozialen Beziehungen zwischen ForscherIn und den zu untersuchenden Menschen“[M1] basiert! Dies mag zwar das Risiko der Blinden Flecken in der Wahrnehmung bedingt durch eine zu große Nähe zum zu Beobachtenden führen, doch lässt sich dieses Risiko meiner Meinung nach durch ein stets kritisches Reflektieren der eigenen Perspektive relativieren. Vermeintlich objektive Beobachtungsverfahren wie vom „ISB – Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung – Qualitätsagentur“, welches einen „Beobachtungsbogen für den Unterrichtsbesuch“ (PDF) anbietet, der ein klassisch, quantitatives Ranking im Spektrum 1 – 5 bzw. „trifft überhaupt nicht zu“ bis „trifft vollständig zu“ zur Einschätzung „ob und in welcher Intensität […] Qualitätsmerkmale in der besuchten Unterrichtsstunde vorkommen“ verwendet haben meiner Ansicht nach bereits in der Konzeption einen Fehler.

„Die Standortgebundenheit und Perspektivität sind Grundtatbestände der Beziehung des wahrnehmenden Subjekts zur welt und deswegen real unaufhebbar.“ [M1]

So bietet zum Beispiel der  Bildungsserver Hessen einen Beobachtungsbogen für den Unterricht (PDF), der Orientierung und Denk-/Beobachtungsanstöße bietet und trotzdem alle Freiheiten gewährt, aber weder thematisiert, welche Relevanz die Felder für die Genderstruktur der Klasse haben sollen, noch was eine Verhaltensauffälligkeit sei. Viele der dort angebotenen Aspekte finden sich unformalisiert in meinen Tagebucheinträgen wieder, aber mir ist bewußt, dass

  • die Zuordnung, ob ein Verhalten als auffällig beurteilt wird oder nicht, von mir als Beobachtenden abhängt
  • ein und das selbe Verhalten von einem Kind möglicherweise als störend, von einem anderen hingegen nicht empfunden wird
  • auch intrasubjektiv ein identisches Verhalten zu unterschiedlichen Zeitpunkten und/oder an unterschiedlichen Orten verschiedene Bewertungen erfahren kann

Auch der „Beobachtungsbogen zum Rollenverhalten von Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern im Unterricht“ (PDF) dess „FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht“ bietet Kategorien von Lehrerpersönlichkeiten zur Orientierung an und droht so zu verwässern, dass jeder Lehrer als gesamte Persönlichkeit immer eine Schnittmenge verschiedener Kategorien, erweitert um nicht kategorial erfasste Aspekte, ist. Konkret zuordnen ließen sich bestenfalls einzelne Handlungen in spezifischen Situationen, wobei auch hier aus einer reinen Außenbeobachterposition die Einschätzung der subjektiven Bedeutsamkeit für die Beteiligten Rollen, mehr als schwierig sein dürfte.

Gerade hier liegt meiner Meinung nach das Potential der Teilnehmenden Beobachtung, da sie sich „keineswegs auf mehr oder weniger passive Handlungen beschränkt“, sondern „immer auch Empathie, Einfühlen und Mitfühlen“ (Hauser S. 38) anstrebt, was eine größtmöglichen Erkenntnisgewinn über die subjektive Bedeutsamkeit ermöglichen kann. Gerade unter der pädagogischen Prämisse die Hintergründe und Anlasse für Lernen, deren Wirkzusammenhänge und -prozessse untersuchen zu wollen, um dort konstruktiv anzuschließen halte ich für dringend geboten.

Damit lande ich wieder bei dem Eingangszitat von Mechthild Dehn. Was ich tun möchte ist im Austausch mit SuS deren subjektiv bedeutsame Lerngegenstände aufspüren und ihnen auf dem Weg der Aneignung so viel wie nötig und so wenig wie möglich Unterstützung bieten. Dem was ich gesehen habe zu Folge bin ich teilweise auf dem richtigen Weg. Dort wo ich gesehen habe, dass ich nicht tue, was ich tun möchte, reflektiere ich stets (auch) mich als Faktor und prüfe kritisch meine Handlungsalternativen.



[M1]Brigitta Hauser-Schäublin: Teilnehmende Beobachtung. In: Bettina Beer: Methoden und Techniken der Feldforschung. Reimer, Berlin 2003; S. 34

[M1]Klaus Holzkamp „Sinnliche Erkenntnis. Historischer Ursprung Und Gesellschaftliche Funktion Der Wahrnehmung“; Athenäum Verlag, Königstein/Ts., 1978; S.27

Mitmenschen – Mit Menschen reden statt über sie

•2012.Oktober 4 • Kommentar verfassen

Wie vermutlich viele andere Menschen wurde ich auf Raúl Aguayo-Krauthausen das erste mal in einem Werbespot für einen Browser aufmerksam, in dem er seinerseits für sein Projekt wheelmap.org warb. Ich finde die Idee großartig und bewerbe sie seit dem in Fortbildungen für Personen, die im Rahmen des Hamburger Kulturschlüssels von Behinderung betroffene Menschen begleiten möchten. Stichwort: „Miteinander Füreinander“ oder in Neudeutsch „It’s a win win situation“. Diesen sehenswerten TEDx-Talk zum Projekt band ich außerdem in meine Präsentation zum Osteogenesis Imperfecta Referat ein, wo es die soziale Spitze, der Bio-Psycho-Sozialen Einheit des Menschen nach Feuser (PDF 4.), und das Referat krönte. Hier zeigt sich auch bereits die Krux. Obwohl Krauthausen ein eloquenter Redner ist, sympathisch, unverkrampft und (selbst)ironisch im Auftritt, wurde ihm meine Aufmerksamkeit zunächst im Kontext einer biologischen Schädigung (im Feuserschen Sinne) zuteil. Nun kenne ich Hr. Krauthausen nicht persönlich, so dass ich nur von ihm, über ihn erzählen konnte. Noch ein Problem. Wünschenswert erscheint mir, dass der Mitbegründer von sozialhelden.de in erster Linie ausschlieslich aufgrund seines inspirirenden Wirkens Aufmerksamkeit erhält.

Jemand der das Dilemma der persönlichen Ukenntnis nicht mit mir teilt ist Johnny Heausler, der in seiner Spreeblicksendung auf FluxFM MIT Hr. Krauthausen sprach statt ÜBER ihn. Hier der Mitschnitt der Sendung:

Dort ist nämlich unter anderem das Über von Behinderung betroffene Menschen Reden Thema. Da weder Paralympics noch Gleichstellungsparagrafen von sich aus dazu führen, dass die mediale Darstellung von Behinderung Betroffener über das Sprichwort „Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint“ hinauskommt, wird das Sozialheldenprojekt Leidmedien.de vorgestellt. Wenn schon über Betroffene reden dann wenigsten respektierlich und ohne Mitleid könnte hier als Zusammenfassung herhalten. Auch spricht Hr. Krauthausen über seine Entscheidung sich weiter in sozialen Projekten zu engagieren (und damit mein Eingangsproblem zu zementieren ;)) und ob er sich in der Anonymität des Netzes sich als nicht behindert erlebt. In jeglicher Hinsicht ein hörenswerter Radiobeitrag für Menschen mit Interesse an den skizzierten Themen, dem Bedürfnis/der Notwendigkeit Berührungsängste abzubauen und/oder Empathie zu entwickeln und all jene, die Einfach Radiosendungen mit interessanten Gesprächspartnern, Musik und Humor schätzen. Apropos Musik und Empathieausbildung, hier noch ein Song über Alltagsprobleme von RollstuhlfahrerInnen von Graf Fidi, der nicht nur einen Song für die Sozialhelden gemacht hat und damit in der Sendung gefeatured wurde, sondern, meiner ganz subjektiven Ansicht nach, Aufmerksamkeit für seine Musik verdient.

Über Kommentare, ob ich dem obigen Sprichwort selbst zum Opfer gafallen bin, inhaltliche Ergänzungen und konstruktive Kritik freue ich mich.

Urheberrechts Mathematik

•2012.März 26 • Kommentar verfassen

There is no „Easy Way“ – just your way

•2012.März 24 • Kommentar verfassen

Ein schöner Kurzfilm des Columbianers Juan David Velasquez Bedoya über eine Analogie zum Leben. Ich poste ihn hier, da auch ich der Meinung bin, dass (gerade als Pädagoge) das Wichtigste im Leben ist seinen eigenen Weg zu gehen, da man meiner Ansicht nur dann authentisch ist. Und ich bin überzeugt, dass nur wenn man authentisch ist man wirklich gut sein kann in dem was man tut (und/oder besser als jemand der das Gleiche macht aber nicht dahinter steht).

Easy Way is the story of a man who, from childhood to adulthood, is prepared to follow a specific path. When he begins his travels, he discovers that it is more difficult than he thought. He decides to change course to a path that seems easier, but the travel is equally difficult – and he’s unprepared for this new challenge. (via catroonbrew)

Erziehender Sportunterricht & Genetisches-Lehren-Lernen

•2012.März 23 • Kommentar verfassen

Wie in diesem Blog ja schon öfters geschehen, so handelt es sich auch bei diesem Artikel um eine dokumentierte Modulprüfung meines Studiums. In diesem Fall handelt es sich dabei um die Prüfung in dem Modul Vertiefung Fachdidaktik Sport im ersten Master-Semester. Gemeinsam mit drei Kommillitonen wurde ich vor dem Hintergrund des Seminars „41-64.404 Seminar Master Fachdidaktik BSS“ bei Jonas Wibowo mündlich geprüft. Aufgabe war es eine maximal 15 minütige Präsentation zu einer selbstgewählten These im Rahmen des Seminars zu halten und diese in einer anschließenden 45 minütigen Diskussion zu verteidigen/erörtern. Auch wenn dieser Post die Live-Präsentation und erst recht nicht die Diskussion wiedergeben kann und will, so taugt er doch zumindest für einen Eindruck und einer groben Orientierung/einem Einstieg ins Thema. Nachstehend findet sich der Text unsereres Thesenpapiers und eine gevoicte Version unserer Prezi-Präsentation.

 Der Erziehende Sportunterricht wird als fachdidaktisches Konzept vorgestellt. Daraus resultiert,
dass wir auf die von Prohl beschriebene Vermittlungslücke in Verbindung mit diesem Konzept
näher eingehen.
Aus der Auseinandersetzung ergibt sich für uns die These, dass die Vermittlungslücke nur durch
das Lehrerhandeln geschlossen werden kann.
Hierzu machen wir den Vorschlag das Unterrichtskonzept des Genetischen-Lehrens-Lernens, mit
dem wir den Anspruch des Erziehenden Sportunterrichts als erfüllbar ansehen, zum schließen
dieser Lücke heranzuziehen.

Literatur:

  • Loibl, J. (2001): Basketball, Genetisches Lehren und Lernen, spielen –erfinden – erleben -verstehen (PDF nach dem Klick)
  • Möller, K. (2001) „Genetisches Lehren und Lernen – Facetten eines Begriffs“ (PDF nach dem Klick) in D. Cech, B. Feige, J. Kahlert, G. Löffler, H. Schreier, H.-J. Schwier, U. Stoltenberg (Hrsg.) „Die Aktualität der Pädagogik Martin Wagenscheins für den Sachunterricht“; Bad Heilbrunn: Klinkhardt (S. 15 – 30)
  • Prohl, R. (2004) „Vermittlungsmethoden – eine erziehungswissenschaftliche Lücke in der Bildungstheorie des Sportunterrichts“ in M. Schierz & P. Frei (Hrsg.) „Sportpädagogisches Wissen. Spezifik – Transfer – Transformationen“ ; Hamburg: Czwalina (S. 117–127)
  • Prohl, R. (2008): Erziehung mit dem Ziel der Bildung: Der Doppelauftrag des Sportunterrichts in Lange, H./Sinning, S. (Hrsg.) „Handbuch Sportdidaktik“; Balingen: Splitta (S. 40-53)
  • Prohl, R. (2012) „Der Doppelauftrag des Erziehenden Sportunterrichts“ in Scheid, V. & Prohl,R. (Hrsg.) „Sportdidaktik. Grundlagen, Lehrplan, Bewegungsfelder“ (1. Aufl.); Wiebelsheim,Hunsrück: Limpert (S. 70 – 91)

Danke noch mal an die Jungs. Die vorbereitenden Treffen und Diskussionen habe ich als sehr bereichernd, produktiv und konstruktiv empfunden. Ich bin der festen Überzeugung, dass sie sehr wesentlich zum bestehen unserer Prüfung beigetragen haben.

Die Lehrer-Schüler-Kluft

•2012.März 19 • Kommentar verfassen

„Offenbar gehen nicht-ideale Kinder in nicht-ideale Schulen, während die pädagogische Idealisierung ungebrochen ist.“ (Jürgen Oelkers, 2004)

Dieser von Oelkers festgestellte Abstand zwischen Theorie und Praxis wird vermutlich früher oder später jedem Pädagogen auffallen. Noch größer wird der Abstand zwischen Lehrenden und Lernenden, wenn die Schulen nicht nur „nicht-ideal“ sind, sondern möglicherweise katastrophal oder gleich ganz fehlen.

„… the best teachers and schools don’t exist where they’re needed most.“

Eine Möglichkeit ist es Schulen zu Kindern zu bringen, so wie das „School on Wheels“ Projekt in den Slums von Hyderabad oder das ebenfalls in Indien agierende „Door Step School“ Projekt.

Ob diese Projekte den aus Kalkutta stammenden und an der Newcastle University lehrenden „Professor of Educational Technology“ Sugata Mitra beeinflusst haben ist mir nicht bekannt. Es darf aber wohl angenommen werden, dass er mit der Problematik vertraut war, dass (indische) Slum-Schulen „nicht-ideal“ aka. abwesend sind.

Mitra begann vor diesem Hintergrund mit dem „Hole in the wall“-Experiment. Was sich mit seiner Aussage

„A teacher that can replaced by a machine; should be!“

ganz gut zusammenfassen lässt.

Seine zweite Erkenntnis,

„If children have interest – education happens!“

ergänzt die erste unter den gegebenen ganz gut.

Zwei großartige Ideen hat er in diesem Rahmen bereits umgesetzt. Die erste trägt den fantastischen Namen Grannycloud versehen. Via Skype bringen Grannys indischen Kindern (u. a.) Englisch bei. Die zweite Idee sind die so genannten Self Organizing Learning Environments. Beide werden in dem zweiten eingebundenem Video vorgestellt. Anzusehen lohnen sich beide, wenn nicht mehr. Denn wie bemerkte Mitra hinsichtlich zweier Kinder aus einem seiner Projekte:

„They wanted to be footballers before. After seeing eight TED-Talks he wanted to become Leonardo Da Vinci.“

Dein Unterricht als animierter Kurzfilm – weltweit!

•2012.März 16 • Kommentar verfassen

Die meisten werden TED-Talks bereits kennen.

(Wer dies nicht tut sollte DRINGEND auf den Link links klicken und sich seine sofortige und legale Bewusstseinserweiterung abholen!)

Ein neues Projekt ist Unterrichtsstunden auf ca. 10 Minuten einzudampfen und sie dann animieren zu lassen. Es ist ein bischen so, als würde die Khan Academy mit Pixar fusionieren.A

Hier ist, was die Macher dazu sagen:

und auf dem YouTube-Kanal von TedEdu kann man sich bereits die ersten Beispiele ansehen.

Also los Ihr Pädagogen, konzentriert Euch auf das Wesentliche und verbreitet Eurer Wissen, Eure Begeisterung und Eure Visionen!

(via cartoonbrew.com)

Augen zu und durch

•2012.Januar 26 • Kommentar verfassen

„Den öffentlichen Raum per Video zu überwachen, ist grundsätzlich legitim, wenn dadurch Straftaten verhindert werden können.“

Wenn! Wenn ist hier das entscheidende Wort. Der oft nervige Volksmund, von Generation zu Generation durch meist mahnende Eltern vermittelt, weiß seit Ewigkeiten zu schwadronieren „Wenn das Wörtchen wenn nicht wär, …“

Der Haken an der Sache ist leider

VIDEOÜBERWACHUNG AUF DEM KIEZ TAUGT NACHWEISLICH NICHT ZUR PRÄVENTION!